Chorbuch 30: 82 Sätze zum Proprium missae, 8 Gloria-Patri-Vertonungen, 1 geistliches Lied

Typ:
Handschrift (Band mit mehreren Werken)
Umfang:
203 Bl.
Bestand:
Handschriften
Signatur:
Chorbuch 30
besitzende Institution:
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek
Literatur:
-- Karl Erich Roediger, Die geistlichen Musikhandschriften der Universitätsbibliothek Jena, Bd. 1 (Textband), Jena 1935, S. 52
-- J. Heidrich, Die deutschen Chorbücher aus der Hofkapelle Friedrich des Weisen (Sammlung Musikwissenschaftlicher Abhandlungen, 84), Baden-Baden 1993, S. 27ff.
-- Kathryn Ann P. Duffy, The books of Ordinaries, in: (Dies.), The Jena Choirbooks: Music and Liturgy at the Castle Church in Wittenberg under Frederick the Wise, Elector of Saxony. Vol. 1 & 2, Chicago 1995, S. 399ff.
-- J. Heidrich, "Jena: Musikhandschriften", in: Musik in Geschichte und Gegenwart: Sachteil, Kassel 1996, 4. Aufl., Sp. 1451-1455, hier: Sp. 1453-1454
Untergeordnete Objekte:
Anmerkung:
Die aus dem Quellenbefund so zu lokalisierende Provenienz der Chorbücher 30-33 (mit Weimar A) wird gestützt durch die innere Repertoirebeschaffenheit, denn die in diesen Codices bewahrte Musik spiegelt in deutlicher Weise die Nähe der maximilianischen Hofkapelle wider. Besonders das gehäufte Auftreten von Sätzen des in maximilianischen Diensten stehenden H. Isaac in den sonst weitgehend anonymen Proprien überlieferten Handschriften weist auf die Rezeption dieser Musik während des süddeutschen Aufenthaltes des Kurfürsten; eine bisher angenommene Reise nach Sachsen lässt sich dagegen nach neuerer Prüfung der Quellenlage nicht länger belegen.
Die Propriumskompositionen präsentieren sich in schlichter, sich jeglicher kontrapunktischer Exaltation enthaltenden und fast durchweg vierstimmigen Satzanlage, wobei auf die deutliche Wahrnehmbarkeit der in Discantus oder Tenor befindlichen Choralstimme erkennbares Gewicht gelegt ist. In Bezug auf die Ordinariumszyklen ist für einschlägige Kompositionen H. Isaacs, A. Agricolas, L. Compères, J. Obrechts, A. Brumels, G. Weerbekes, Josquins, M. de Ortos, Johannes Martinis, M. Pipelares und J. Ghiselin-Verbonnets eine Rezeption aus Italien wahrscheinlich.
Das Erscheinungsbild der süddeutschen Chorbücher ist schmuckloser als das der Alamire-Handschriften, und der Gebrauchscharakter dieser Quellen wird schon durch das hier überlieferte lokal geprägte Repertoire deutlich. Die liturgische Disposition namentlich der Propriumszyklen gestattet vielfach einen wichtigen Einblick in die mehrstimmig-liturgische Praxis am kursächsischen Hof, so dass in diesen Handschriften unschätzbare Dokumente der mitteldeutsch-höfischen vorreformatorisch-geistlichen Musikausübung wie auch sprechende Zeugnisse für die internationale Reichweite der Musikrezeption erhalten sind.